ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung) wird oft als eine Störung wahrgenommen, die hauptsächlich bei Jungen und Männern auftritt. Diese Wahrnehmung hat dazu geführt, dass ADHS bei Frauen lange Zeit weniger diagnostiziert und verstanden wurde. Dabei gibt es deutliche Unterschiede in der Art und Weise, wie sich ADHS bei Frauen im Vergleich zu Männern manifestiert.
1. Unterschiede in den SymptomenADHS wird traditionell in zwei Haupttypen unterteilt: den hyperaktiven/impulsiven Typ und den unaufmerksamen Typ. Während Jungen und Männer häufiger den hyperaktiven/impulsiven Typ zeigen, der sich durch auffälliges Verhalten und Hyperaktivität auszeichnet, neigen Frauen eher zum unaufmerksamen Typ. Dieser äußert sich durch Schwierigkeiten, sich zu konzentrieren, Träumerei und Vergesslichkeit. Da die Symptome bei Frauen oft weniger auffällig sind, werden sie häufig als weniger problematisch angesehen und übersehen. Frauen neigen dazu, ihre Unaufmerksamkeit und ihre Schwierigkeiten zu verstecken, was oft dazu führt, dass sie erst später im Leben, wenn überhaupt, diagnostiziert werden . 2. Soziale und emotionale AuswirkungenFrauen mit ADHS erleben oft intensivere emotionale Schwankungen und eine größere Empfindsamkeit gegenüber sozialer Ablehnung. Sie können sich schneller überfordert fühlen und neigen dazu, soziale Interaktionen zu meiden, was zu Isolation führen kann. Darüber hinaus haben viele Frauen mit ADHS Schwierigkeiten, ihre Emotionen zu regulieren, was in der Gesellschaft oft als „überemotional“ oder „zu sensibel“ wahrgenommen wird . Ein weiteres bedeutendes Problem ist die hohe Selbstkritik. Frauen mit ADHS sind sich oft ihrer Schwierigkeiten bewusst, fühlen sich aber gleichzeitig schuldig und schämen sich dafür. Dies kann zu einem verminderten Selbstwertgefühl und erhöhten Risiken für Depressionen und Angststörungen führen . 3. Herausforderungen im AlltagWährend Männer mit ADHS oft durch impulsives Verhalten und körperliche Unruhe auffallen, kämpfen Frauen eher mit der Organisation ihres Alltags. Das Management von Haushalt, Beruf und sozialen Verpflichtungen kann für Frauen mit ADHS eine erhebliche Herausforderung darstellen. Sie fühlen sich häufig überfordert und haben Schwierigkeiten, Prioritäten zu setzen, was zu chronischer Erschöpfung führen kann. Viele Frauen kompensieren ihre ADHS-bedingten Schwierigkeiten durch übermäßigen Perfektionismus, was auf Dauer zu einem Gefühl der Erschöpfung und Unzufriedenheit führt. Diese ständige Überforderung kann auch zu einem Burnout führen, insbesondere wenn die ADHS nicht diagnostiziert oder behandelt wird . 4. Spätere Diagnose und MissverständnisseAufgrund der Unterschiede in den Symptomen und dem gesellschaftlichen Verständnis von ADHS werden Frauen oft erst im Erwachsenenalter diagnostiziert, wenn die Symptome ihr Leben erheblich beeinträchtigen. Viele Frauen erhalten erst dann eine Diagnose, nachdem sie jahrelang wegen Depressionen, Angstzuständen oder anderen psychischen Problemen behandelt wurden, die tatsächlich durch unbehandelte ADHS verursacht oder verstärkt wurden. Es gibt auch eine Tendenz, die Symptome von Frauen als Persönlichkeitsmerkmale abzutun – sie gelten als „träumerisch“, „chaotisch“ oder „zu sensibel“, anstatt als jemand, der an einer ernsthaften neurologischen Störung leidet. Dies führt oft dazu, dass Frauen nicht die notwendige Unterstützung erhalten . 5. Behandlung und UnterstützungDie Behandlung von ADHS bei Frauen erfordert oft einen anderen Ansatz als bei Männern. Neben medikamentöser Therapie sind psychologische Beratung und Coaching besonders wichtig, um Frauen dabei zu helfen, ihre Symptome zu verstehen und Strategien zur Bewältigung zu entwickeln. Unterstützung bei der Organisation des Alltags, der Emotionsregulation und dem Aufbau eines stabilen Selbstwertgefühls sind entscheidende Elemente einer erfolgreichen Behandlung. QUELLEN Hirvikoski, T., & Jokinen, J. (2012). Adults with ADHD: Sexual behavior, psychiatric symptoms, and social adjustment. Neuropsychiatric Disease and Treatment, 8, 1-8. Quinn, P. O., & Madhoo, M. (2014). A Review of Attention-Deficit/Hyperactivity Disorder in Women and Girls: Uncovering This Hidden Diagnosis. The Primary Care Companion for CNS Disorders, 16(3). Nadeau, K. G., Littman, E., & Quinn, P. (Eds.). (1999). Understanding Women with AD/HD. Advantage Books. Biederman, J., Faraone, S. V., Monuteaux, M. C., Bober, M., & Cadogen, E. (2004). Gender Effects on Attention-Deficit/Hyperactivity Disorder in Adults, Revisited. Biological Psychiatry, 55(7), 692-700.
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